Modellhistorie Lancia Fulvia von 1963-1976
Im Jahr 1963 staunte auf dem Genfer Automobilsalon das versammelte Publikum über die Fulvia Berlina im „Schuhkartondesign“. Das Aussehen des Fahrzeugs war doch sehr gewöhnungsbedürftig; man könnte es auch etwas „schrullig“ nennen. Die Technik allerdings war, wie von Lancia nicht anders zu erwarten, für ein Auto seiner Klasse „vom Feinsten“. Übernommen von der großen Schwester Flavia glänzte auch die Fulvia mit Frontantrieb, Einzelradaufhängung und Scheibenbremsen rundum. Die gesamte vordere Antriebseinheit mit doppelten Querlenkern und Querblattfeder samt Motor ruhte auf einem Hilfsrahmen, der sich komplett in einer Einheit demontieren ließ. Nur bei der Hinterachse beließ man es bei einer Starrachse mit Panhardstab. Beim Motor jedoch wurde getreu dem Motto, für jede Baureihe eine anderes Motorkonzept, nicht etwa der Boxermotor aus der Flavia übernommen, sondern ein eigener sehr kompakt bauender V-Motor entwickelt.
Dieser Motor hatte einen besonders engen Zylinderwinkel von 13 Grad. Dadurch war es möglich geworden, beide Zylinderreihen unter einem einzigen Zylinderkopf zu vereinen. Der Gaswechsel wurde von zwei obenliegenden Nockenwellen übernommen, wobei eine nur die Einlass- und die andere nur die Auslassventile steuerte. Aus 1,1 Litern Hubraum holte man so 58 PS. Trotzdem blieb das Temperament der Fulvia Berlina mit dieser Motorisierung aufgrund der schweren Karosserie bescheiden. Ab 1966 wurde die Leistung durch die Verwendung einer Solex-Doppelvergaseranlage auf 71 PS und später dann durch die Erhöhung des Hubraumes auf 1,3 Liter auf 87 PS gesteigert.
Im Jahr 1965 wurde der Berlina das sportlich orientierte Coupe zur Seite gestellt. Ohne die Hilfe der bekannten italienischen Designstudios in Anspruch zu nehmen, entwickelt die hauseigene Designabteilung unter Pietro Castagnero die hinreißende Linienführung des Coupes mit dem markanten Heck. Das Gewicht wurde unter Verwendung von Aluminiumtüren und Hauben deutlich reduziert und gleichzeitig der Hubraum auf 1,2 später auf 1,3 Liter erhöht. Daraus resultierten 80 bzw. 90 sportliche PS für die Straße und das Fulvia Coupe zum ernst zunehmenden Gegner auf der Autostrada. Später im Rallyetrimm sollte das Coupe noch reichlich für Furore sorgen. Fortentwickelt aus dem 1,2 HF und den 1,3 HF Modellen gipfelte dies 1972 in den Gewinn der Rallye Monte Carlo und der Rallyeweltmeisterschaft mit einer Fulvia Coupe Rallye 1,6 HF (Fanalone) mit 158 PS. Abgeleitet für die Straße entstanden aus dem Rallyefahrzeugen die heute so begehrten 1,6 HF Fanalone, 1600 HF und 1600 Lusso Modelle. Ferner wurden dem 1,3 S Coupe noch die Sondermodelle „Montecarlo“ und „Safari“ zur Seite gestellt.
Wie bei Lancia üblich, gab es neben der Fulvia Berlina und dem Fulvia Coupe auch eine Fulvia Sport. Mechanisch war der Wagen mit dem Coupe identisch, die Karosserie kam jedoch von ZAGATO und bestand komplett aus Aluminium. Die Karosserie war damit nochmals leichter und aerodynamischer (Tropfenform) als beim Coupe. Ursprünglich sollte die Sport und nicht das Coupe bei Rennen und Rallyes eingesetzt werden. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass sich die Aluminiumkarosserie „verwand wie ein Aal“.
Nur für die 1,2 und frühen 1,3 Liter Modelle wurden Aluminiumkarosserien verwendet. Danach stellte man auf steifere Stahlblechkarosserien um. Mit dem Werkseinsatz im Rallyesport wurde es allerdings nichts mehr. Der blieb dem Coupe vorbehalten. Später kam auch die Fulvia Sport noch in den Genuss des 1,6 Liter Motors.
Insgesamt sind von der Fulvia Baureihe in der Zeit von 1963 bis 1976 ca. 336.000 Fahrzeuge gebaut worden. Davon entfallen ca. 189.000 auf die Berlina, 140.000 auf das Coupe und 7.000 auf die Sport Zagato Modelle.